Gastfreundschaft - Räume der Begegnung schaffen
Was // STRIDE
Wo // Bolivien
Wer // Benjamin
Wann // Januar 2025 – Januar 2026
Ich arbeite bei El Afarero im Cafe, das mit Volunteers arbeitet. Dazu gehören alle gängige Arbeiten in einem Cafe wie Kaffee machen, Kasse bedienen oder putzen. Daneben betreuen wir die Volunteers, spielen Gemeinschaftsspiele, haben kleine Andachten und andere Aktivitäten.
In Santa Cruz sind die Leute eigentlich ganz herzlich, aber ich habe gemerkt, dass Gastfreundschaft nicht so selbstverständlich ist, wie ich es von zu Hause gewohnt bin. Ausser bei meiner Gastfamilie, meiner Kleingruppe und meiner Freundin wurde ich zum Beispiel noch nie einfach so nach Hause eingeladen. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich letztens zwei Bolivianer zum Essen einladen konnte. Der eine sagte so etwas wie: “So schön, ich wurde noch nie einfach so zum Essen von jemandem nach Hause eingeladen.” Ich war in diesem Moment sehr überrascht, denn es war jemand Populäres aus der Kirche und ein Leiter, nicht eine einsame Person.
Ich bin kein 5-Sterne Gastgeber, ich bin oft nicht sehr aufmerksam, koche nicht wie ein Profi und habe manchmal auch keine Lust auf lange Gespräche. Trotzdem macht es mir immer wieder Spass, Leute einzuladen. In meiner Wohnung gibt es keinen eigenen Tisch, also fragte ich meinen Vermieter, ob wir an seinem Tisch essen dürften. Ich habe keine vier gleichen Teller, also haben wir alle aus unterschiedlich grossen Tellern gegessen. Und weil ich keine Kaffeemaschine besitze, haben wir nach dem Essen gemeinsam Pulverkaffee getrunken. Viele denken, als Gastgeber müsse man perfekt sein, aber dieser Imperfektionismus macht die Situation echter, persönlicher und oft fühlen sich die Gäste dadurch sogar wohler.
Genau das mag ich auch am Café von El Alfarero: Dort ist jeder willkommen, man muss nicht Mitglied in einem Club oder Christ sein, und vor allem muss man auch nichts bestellen. Viele kommen, um ihre Hausaufgaben zu machen, zu spielen oder zu reden. Diese offene Art finde ich super, sie erinnert mich daran, dass Gastfreundschaft nicht kompliziert sein muss. Es geht einfach darum, Räume der Begegnung zu schaffen, Leute anzunehmen wie sie sind, und so persönliche Momente zu ermöglichen. Und genau das versuche ich auch in meinem Alltag umzusetzen. Denn am Ende zählt nicht die Perfektion, sondern die echte Verbindung zwischen den Menschen.
Benjamin