Frieden kann in vier Beziehungen gelebt werden
Was // STAY
Wo // Guatemala
Wer // Familie Hochstrasser
Wann // 2024
Guatemala. Bürgerkrieg von 1960 bis 1996. Die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Armut, Korruption und Gewalt prägen den Alltag. Und ich kam aus der friedlichen Schweiz und versuchte, kirchliche Mitarbeitende für Frieden und Gerechtigkeit zu sensibilisieren. Nicht immer fühlte ich mich ganz wohl dabei. Das half mir wenigstens, es weniger «von oben herab» zu tun.
Mit «Shalom» wird man in Israel gegrüsst – ausgerechnet mitten im Nahost-Konflikt! Was bedeutet Shalom?
Dieses hebräische Wort kann nicht nur mit Frieden, sondern auch mit Harmonie, Wohlbefinden oder sogar Heil übersetzt werden. Anders ausgedrückt: Shalom bedeutet gesunde oder wiederhergestellte Beziehung. Alle Menschen leben in vier Beziehungen: mit Gott, mit den Mitmenschen, mit sich selbst und mit dem Rest der Schöpfung. Alle vier Beziehungen werden immer wieder zerbrochen, in Guatemala, in Israel oder auch in der Schweiz.
Nach Kolosser 1,20 machte Jesus Christus Frieden, indem Gott durch ihn «alles» versöhnte. Alles: also die vier Beziehungen! In der Evangelisation – besonders stark in Lateinamerika – wird betont, dass es bei der Versöhnung um die persönliche Beziehung zu Gott geht. Richtig, aber das ist nicht «alles»!
Shalom herrscht:
1. Wenn ich in meinem Herzen annehmen kann, dass sich Gott mit mir versöhnt hat.
2. Wenn ich versöhnlich mit meinen Mitmenschen lebe und Menschen helfe, ihren Frieden zu finden.
3. Wenn ich zu-frieden bin mit mir selbst.
4. Wenn ich Frieden für die ganze Schöpfung suche, indem ich zur Umwelt Sorge trage.
Ein Shalom-Lebensstil beginnt im Kleinen, im Alltag. Es ist die Krankheit von Pastoren – hier wie drüben –, schöne Theologie in den Wolken zu machen, ohne je konkret zu werden. So fragte ich immer wieder, und heute dich: Wie lebst du Shalom ganz konkret?
Für meine guatemaltekischen Mitchristinnen und -christen wünsche ich mir:
1. Dass in den Predigten nebst dem richtenden Gott, dem man gehorsam sein muss, auch der barmherzige Gott betont wird.
2. Dass Konflikte ausgetragen und Versöhnung gesucht werden, anstatt eine weitere Kirchenspaltung zu bewirken. 40 000 Kirchen in einem kleinen Land wie Guatemala sind nicht unbedingt ein Leistungsausweis, sondern ein Zeugnis der zerstrittenen Christenheit.
3. Dass die vielen Waisenkinder in den Heimen spüren dürfen, dass sie unendlich wertvoll sind und Gott einen Plan für ihr Leben hat.
4. Dass die Bewahrung der Schöpfung als Teil des christlichen Auftrags gesehen und z.B. damit begonnen wird, Abfall zu recyclen.
Diese Wünsche lassen sich teilweise gut auf dich und mich in der Schweiz übertragen. Ein Shalom-Lebensstil ist nie «von oben herab». Wir sind alle gefordert, gesunde Beziehungen zu leben
und zerbrochene wiederherzustellen. Shalom dazu!
Stefan und Angela Hochstrasser arbeitete als interkultureller Mitarbeitende von Latin Link sieben Jahre in Guatemala in einem theologischen Weiterbildungszentrum. Sie haben zwei Töchter.