Kulturübergreifende Zusammenarbeit - geht das?


Was // STAY
Wo // Kolumbien
Wer // Paola Innocente
Wann // 2024


 

«Wir arbeiten mit unseren latein­amerikanischen Partnern in lokalen Projekten, um der Not zu begegnen und Menschen ganzheitlich zu unterstützen.»

So steht es im zweiten Satz unseres Mission Statements. Doch wie sieht denn diese interkulturelle Zusammenarbeit von Schweizern und Lateinameri­kanern konkret aus? Ist es nicht müh­sam oder sogar unrealistisch, kultur­übergreifend zusammenzuarbeiten? Wir wollten es wissen und haben Paola Innocente gebeten, eine Person aus ihrem Team zu interviewen. Ihre Interviewpartnerin ist Cristina Rozo, die Koordinatorin von Hogar Feliz in Bogotá (Kolumbien). Seit Jahrzehnten setzt sich Cristina mit unermüdlicher Leidenschaft und einer klaren Vision für das Wohl der Familien mit gehör­losen Kindern ein. Paola und Cristina verbindet eine langjährige Zusam­menarbeit und Freundschaft.

Paola: Wie seht und erlebt ihr als Lateinamerikanerinnen und Lateinamerikaner die Zusammenarbeit mit Latin Link?
Cristina: Latin Link und Hogar Feliz verfolgen denselben Ansatz: ganzheitliche Arbeit mit benachteiligten Gemeinschaften. In unserem Fall ist dies die Gehörlosen-Community mit Fokus auf Familien mit gehörlosen Kindern. Du, Paola, bist eine wunderba­re Ergänzung für unser Team bei Hogar Feliz. Gemeinsam mit uns sensibilisierst und schulst du die Eltern so, dass diese verstehen und akzeptieren, wie wichtig es für sie als Familie ist, die Gehörlosenkultur kennen zu lernen und die Gebärdensprache zu erlernen. Denn nur so kann eine Familie eine aktive Rolle bei der ganzheitlichen Entwicklung ihres gehörlosen Kindes überneh­men. Diese Sicht teilst du mit uns, und wir erleben als Team bei vielen Eltern und ihren Kindern deutliche Veränderungen und sehen ermutigende Ergebnisse.

Wie wirken sich die kulturellen Unterschiede auf die Zusammenarbeit von Latin Link und Hogar Feliz aus?
Ich persönlich habe die kulturellen Unterschiede als befruch­tend erlebt. Unsere lateinamerikanische, kolumbianische Kultur zeichnet sich aus durch Enthusiasmus, Spontaneität und Flexibilität. Manchmal lassen wir uns auch zu sehr mitreissen. Ich empfinde die von Latin Link eingebrachten westlichen Kultur­merkmale wie Pünktlichkeit, strategisches Denken und Umset­zungsstärke in der interkulturellen Zusammenarbeit als gute Ergänzung.

Was ist aus deiner Wahrnehmung heraus für eine gute interkulturelle Zusammenarbeit im Projekt erforderlich?
Ich sehe hier drei Faktoren: Man muss die Menschen, mit denen man arbeitet, gut kennen. Man braucht auf beiden Seiten Einfühlungsvermögen. Man muss die Sprache kennen. Dass du, Paola sowohl Spanisch sprichst als auch die kolumbianische Gebär­densprache kennst, hat sich bei der Zusammenarbeit als sehr hilfreich erwiesen. So kannst du dich sowohl in der gehörlosen als auch in der hörenden Kultur hier zurechtfinden.

Welchen Einfluss unserer interkulturellen Zusammenarbeit kannst du im Projekt erkennen?
Du hast über die drei oben genannten Faktoren einen sehr posi­tiven Einfluss auf unser Projekt Feliz Hogar. Du hast es geschafft, eine Brücke zwischen den Familien und ihren Kindern sowie der Gesellschaft zu schlagen und bei allen Beteiligten das Bewusst­sein zu schärfen.

Hast du Herausforderungen bei der interkulturellen Arbeit erlebt?
Als Latinos sind wir sehr emotional, und das spiegelt sich in unse­­rer Arbeit und in den Teambeziehungen wider. Die Schweizer Kultur hingegen ist mehr von der Vernunft geleitet und drückt sich direkter aus, ohne den Sachverhalt zu sehr auszuschmücken, wie wir Latinos das oft tun. Das war anfangs eine Herausforde­rung. Ich persönlich habe in diesem Prozess viel gelernt. Für die Eltern ist es nicht immer einfach, mit dieser kulturellen Eigenart, wie Meinungen, Beobachtungen und Anregungen geäussert wer­den, umzugehen. Aber durch diese eher direkte Kommunikation sind sie gefordert, die Inputs zu reflektieren und wo nötig, zum Besten ihrer Familie auch umzusetzen.

Paola Innocente arbeitet seit 15 Jahren als Sozialpädagogin in einer christlichen Schule in Bogotá, im Hogar Feliz Team, einem Familienprogramm für Eltern mit gehörlosen Kindern.

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