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Bewegendes, das bewegt


Interviews mit Latin-Link-Mitarbeitenden und Personen, die in irgendeiner Form mit Latin Link unterwegs sind.


 
Anderssein verändert Leben

Interview mit Jürg und Mirjam Hofer


Jürg und Mirjam Hofer leben schon 17 Jahre in Peru und arbeiten dort im Pastorenteam einer Gemeinde. Seit 2011 engagieren sie sich in der übergemeindlichen Behindertenarbeit Corazones Unidos, die mit Joni & Friends in den USA verlinkt ist. Mirjam wurde ausserdem 2017 die Leitungsverantwortung für das Latin-Link-Team in Peru übertragen.


Wie haben euch die 17 Jahre Peru verändert?

  • Mirjam: Ich bin sehr schweizerisch. Am Anfang war das sehr schlimm. Der Kulturschock hat mich wirklich hergenommen. Das hat Jahre gedauert, bis ich besser mit dem peruanischen Lebensrhythmus zurechtkam. Heute ist es gut. Mein Charakter wurde geschult. Ich bin dankbar, dass das passiert ist. Ich wäre einfach in meinem Raster so weitergegangen. So nach dem Motto: Meine Sicht von den Dingen ist DIE Sicht. Ich tendiere dazu, alles im Griff haben zu wollen und sehr perfektionistisch zu sein. Ich bin flexibler geworden. Heute danke ich Gott für diese Kultur, wo Perfektionismus nicht so eine grosse Rolle spielt.  Wir sind immer noch Schweizer. Aber das Reiben der beiden Kulturen hat einen grossen Einfluss auf uns. Wir sind «Geschliffene». 

  • Jürg: Hier in Peru haben wir andere Werte erlebt und schätzen gelernt. In der Schweiz ist gute Organisation ein grundlegender Wert. In Peru ist das nicht so wichtig. Freundlich bleiben in jeder Situation ist hier dagegen oberstes Gebot. Und der höchste Wert überhaupt ist Hilfsbereitschaft. Das Mithelfen kann auch mal nicht so gut organisiert sein. Die Herzenshaltung ist entscheidend. Hauptsache, man hilft mit. Ich habe gelernt, dass die Organisation gar nicht so essenziell ist, wenn alle bereit sind mitzuhelfen, wo es nötig ist. Man muss es nicht perfekt machen, sondern das Wichtigste ist, sein Bestes zu geben. 

  • Mirjam: Das Vertrauen auf die Souveränität Gottes ist heute stärker in meinem Glaubensleben. Oft wird hier gepredigt über Gott, der die Fäden in der Hand hält. Das ist wichtig, weil Menschen in Peru erleben, ausgeliefert zu sein – den Umständen, der materiellen Not, der politischen Willkür. Durch das Vorbild der Peruaner haben sich meine Denkmuster verändert. Ich habe von ihnen gelernt, dass der Glaube wirklich durchträgt. Meine Resilienz ist dadurch gewachsen. Das zeigte sich auch während der Coronajahre. Die Pandemiezeit haute mich nicht so aus den Socken.

  • Jürg: Mich hat die Dankbarkeit der Peruaner sehr geprägt. Man kann sich hier über etwas ganz Einfaches riesig freuen. Alles wird als Segen betrachtet, weil man auch so vieles nicht hat. Auch ich habe durch meine perua­nischen Freunde gelernt, zu akzeptieren, dass ich nicht alles im Griff habe. Dinge einfach auf die Seite zu stellen – und Er, Gott, macht‘s dann nachher. Sie beten und dann kommt etwas. Das hat mich recht beeindruckt, wie Gott ganz praktisch wirkt.



Was macht es mit den Menschen in Peru, dass ihr da seid und euch einsetzt?

  • Mirjam: Ich denke, einfach durch das Sein stossen wir etwas an. Auch durch unser Anderssein. Wir sind für die Leute in Peru immer noch ziemlich anders. Das bedeutet aber auch, dass sie bei uns andere Impulse bekommen können als von Menschen aus ihrer eigenen Kultur.  Durch unsere europäische Prägung sind wir der jungen Generation in Peru manchmal näher als ihre Eltern. Diese lassen ihre Kinder heute studieren. Sie selbst haben aber lediglich Basis-Schulbildung. Die jungen Leute werden an den Universitäten > mit unterschiedlichen Weltanschauungen konfrontiert und reflektieren mehr. Wir begegnen ihnen auf Augenhöhe. Sie sehen uns und merken: Die wollen nicht nur perfekt dastehen oder uns autoritär etwas vorgeben. Sondern die ringen mit Ähnlichem wie wir. Wir können mit ihnen offen reden. Ich habe auch den Eindruck, dass die Art, wie wir unsere Ehe leben, für sie attraktiv ist.

  • Jürg: Wir leben unsere Ehe als Partnerschaft. Das steht im Gegensatz zum kulturellen Hintergrund des Machismo, wo Mann und Frau in getrennten Welten leben und der Mann gegenüber der Frau keine Rechenschaft abgeben muss über sein Verhalten und Entscheiden. Alle hier wissen, dass ich wichtige Fragen erst mit Mirjam bespreche und nicht über ihren Kopf hinweg irgendetwas entscheide. Wir nehmen uns auch bewusst einen Ruhetag in der Woche für uns als Ehepaar, an dem wir der Gemeinde nicht zur Verfügung stehen. Das ist für die anderen im Pastorenteam neu. Aber sie respektieren es. 


Vielen Dank für eure Offenheit und die spannenden persönlichen Antworten!

Mirjam Hofer 

Mirjam bei der Schulung in einer Gemeinde zum Thema Behinderung


Jürg Hofer

 Jürg bei einer «Tiempo de compañerismo» (Gemeinschaftszeit) in der Gemeinde 

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