«Ich unterrichtete hauptsächlich Englisch und einige Lektionen Sport in verschiedenen Klassen an einer christlichen Primar- und Sekundarschule in Potosí. Zudem führte ich mit den ältesten Schülern Jüngerschaftskurse auf Englisch durch. An einzelnen Morgen arbeitete ich zusätzlich in einem Kinderzentrum von Compassion.
Es bedeutete eine ziemliche Herausforderung für mich, ohne Material manchmal 15 und dann wieder 50 Kinder in einem Klassenzimmer zu unterrichten. Flexibilität und Spontanität waren hoch gefragt!
Ein besonderes Erlebnis war für mich, als ich kurz nach meiner Ankunft die ältesten meiner Schüler auf ihrem Sozialeinsatz begleiten konnte. Eine Woche lang waren wir in Antora, einem winzigen Dorf zu Gast. Wir errichteten für die Schule dort einen Sportplatz und boten verschiedenste Projekte im Bereich Bewegung und Sport für die Schüler an. Daneben verteilten wir aber auch Schulmaterial, Kleider und Medizin. Mit ganz wenig konnten wir hier ein Lachen auf die Gesichter der Schüler zaubern – ein spannender Postenlauf oder ein Mittagessen reichte aus. Ich frage mich, wieso es hier so viel einfacher erscheint, Menschen mit ganz wenig glücklich zu machen?
Die Armut in diesem Dorf ist gross und war überall sicht- und spürbar. So gab es keinen Strom, kaum fliessendes Wasser und vor allem keine sanitären Anlagen. Obwohl sie fast nichts haben, war die Gastfreundschaft der Leute absolut riesig und ergreifend. Den grossen Kontrast zwischen reich und arm auszuhalten war nicht ganz einfach für mich. Auch war es eine Gratwanderung, einerseits auf die eigene Gesundheit zu achten und andererseits die Gastfreundschaft nicht zu verletzen. So gab es zum Beispiel kein sauberes Trinkwasser (das mitgebrachte Wasser der Schule ging irgendwo auf der Reise «verloren») und es war einfach klar, dass wenn ich vom dortigen Wasser trinke, nachher nicht so fit sein würde. Ein anderes Mal gab es eine Art Schafskopf zum auslöffeln oder eine Suppe mit Hühnerfüssen zu essen. Als Schweizerin und somit spezieller Gast hatte ich etwa drei Stück davon in meinem Teller! Diese zu verschenken, erschien mir da die beste Möglichkeit ...
Stolz war ich vor allem auf die Schüler. Denn selbst für Bolivianer ist die Umstellung vom Stadt- zum Landleben herausfordernd. Anstandslos machten sie überall mit und zeigten Einsatz. Sogar als wir auf der Rückreise keinen Bus zur Verfügung hatten und 5 Stunden über holprige, staubige Strassen eingepfercht in einem Lastwagen zusammen mit einer Kuh, 10 Schafen, Ziegen und Hühnern zurücklegten, gab es kaum Proteste. In der Schweiz schlichtweg unvorstellbar!
So bin ich mega dankbar für meine Erlebnisse in Antora und dass ich dadurch voll und ganz in die bolivianische Kultur eintauchen konnte. Gott hat mir gezeigt, was es heisst, ihm mehr und mehr zu vertrauen!»
Jael, Bolivien