STRIDE

Bolivien
Brigitte, Januar - August 2013


«Es war für mich immer wieder eine Herausforderung, die vielen schwierigen Lebensgeschichten zu hören.»

«Ich wohnte in La Paz, Bolivien und half vier Tage pro Woche in einem Projekt namens «Word Made Flesh» mit. Wir arbeiteten mit Frauen, die sich prostituieren. Es gibt ganz unterschiedliche Angebote: Workshops, Ausbildungen, Unterstützung für ihre Kinder, geistliche Inputs und vieles mehr. Daneben arbeitete ich zwei Tage pro Woche in einer Gemeinde mit, wo ich Jüngerschafts-Kurse für junge Frauen abhielt.

Hier ein kurzer Einblick in einen Einsatz: Um 18 Uhr geht es los, raus in die Kälte. Im ersten Bordell ist noch fast gar nichts los. Es sind erst zwei Frauen da, die sich mit starken alkoholischen Getränken in Stimmung bringen. Wir sprechen sie an. Eine der beiden Frauen ist sehr interessiert an den Ausbildungen, die wir im Projekt anbieten. Die andere ist viel zu high oder betrunken, um mit uns zu sprechen. Als ich das zweite Lokal betrete, verliere ich als erstes meine Partnerin. Das Lokal ist schon offen und völlig überfüllt mit Männern. Die Männer sind angetrunken und oftmals sind sie dann sehr aggressiv. Das macht es gefährlich, alleine da zu sein. Als ich schon fast in Panik gerate, finde ich endlich meine Partnerin wieder. Wir fangen an, unsere Runde zu drehen und bleiben bei einer Frau hängen. Sie geniesst es offensichtlich, mit uns zu plaudern, deshalb lassen wir uns nicht vom Kunden beeindrucken, der uns drängen will. Im nächsten Lokal treffe ich auf eine Frau, die mir von ihren Schwierigkeiten mit den Kindern und ihrer Kraftlosigkeit erzählt. Die Unfähigkeit, ihr wirklich zu helfen, macht mich betroffen. Natürlich höre ich ihr zu und lade sie ein, ins Projekt zu kommen, aber ob das wirklich einen Unterschied für sie macht, weiss ich nicht ... Ich biete ihr an, für sie zu beten. Nach einigem Zögern willigt sie ein. Also betrete ich ihr Zimmer und bete kurz für sie. Dann ist unser Besuch beendet und wir verlassen diesen düsteren Ort wieder bis zu unserem nächsten Einsatz in zwei Wochen. Ich kann einfach so gehen, doch die Frauen haben keine andere Wahl und müssen da bleiben …

Es war für mich immer wieder eine Herausforderung, die vielen schwierigen Lebensgeschichten zu hören.»

Brigitte, Bolivien

brigitte_4_650x488.jpg