«Ich möchte euch die Geschichte eines jungen Mannes erzählen. Er ist ein Mann wie jeder andere, ohne besondere Fähigkeiten; er hat einen normalen Job, Freunde, Familie, eine Wohnung, ... bis Gott ihn ruft und er diesem Ruf folgt.
Und so beginnt seine kleine Geschichte: aus für ihn unerfindlichen Gründen verlässt unseren Protagonisten die Lust an seiner sonst so geliebten Arbeit. Auf der Suche nach dem Warum und nach Alternativen merkt er, dass Gott einen Plan hat, der ihn nach Guatemala führt. Der damals 24-jährige macht sich also auf den Weg, muss aber aufgrund seiner bescheidenen Spanischkenntnisse erst in die Sprachschule und kann nicht gleich voll durchstarten mit dem, was er dort eigentlich vorhat.
Nach zweieinhalb Monaten, nach der Schulzeit, steht er vor seiner ersten grossen Hürde. Er soll, beziehungsweise muss die Gastfamilie wechseln und auf ihn wartet dort ein Mann namens Frank.
Unser Freund ist ein sehr offener Mensch und kann gut mit anderen Menschen umgehen. Das ist es zumindest, was er von sich denkt und ihm auch immer wieder von Freunden bestätigt wird. Mit Frank allerdings soll das so richtig auf die Probe gestellt werden. "Dieser Typ ist so anders, als alles, was ich kenne; so komisch in seinen Ansichten, seinem Denken und Tun!", sind seine Gedanken zu Frank. In der ersten Zeit fragt sich unser ach so offener Freund auch, ob er nicht nach einer anderen Familie fragen soll. Es wurden ihm ja sogar am Anfang zwei zur Auswahl gestellt. Das würde bestimmt gehen ... Doch er beisst sich durch, betet, fragt Gott um Hilfe und aus diesem komischen Typen Frank wird letztendlich mehr als nur ein Mitbewohner und Freund - Frank nennt ihn zum Schluss sogar seinen Bruder!
Mit seinem Umzug zu Frank beginnt auch die Zeit im Projekt. Voller Elan und Vorfreude, endlich damit starten zu können, weswegen er eigentlich hier ist, legt er also los. Doch nach der Anfangsphase, der Kennenlern- und Einarbeitungszeit, stellt unser junger Deutscher fest: es ist nicht so, wie er es sich vorgestellt oder erhofft hat. Dieses Projekt steht erst in den Starlöchern, ist noch ohne klares Ziel und unstrukturiert - genau wie seine Chefin auch. Eine schwierige Situation, denn bei dem blauäugigen Europäer stehen Struktur und Planung auch ganz bestimmt nicht auf Platz eins seiner Fähigkeitenliste. Nach vielen Rückschlägen und Kämpfen (meistens mit sich selbst), vielen Gesprächen und ganz viel Geduld formt sich das Projekt aber und erste Strukturen entwickeln sich.
Das wichtigste Ereignis jedoch, oder zumindest eines der wichtigsten des Deutschen, kommt zum Ende seiner Zeit in Guatemala. In seinem Jahr in Mittelamerika hat er gelernt, Gott zu vertrauen, und zwar auf eine ganz andere, viel intensivere Art als vorher. Doch diese Fähigkeit, Gott voll und ganz zu vertrauen, wird aufs Härteste geprüft, als ein fünfjähriger Junge, ein sechs Monate altes Mädchen und ein Familienvater und Freund sterben! So viel Trauer, so viel Leid - und das bei Menschen, die sowieso schon nichts haben (oder wie im Fall des Vaters, der aus einer glücklichen Familie gerissen wurde). Und über allem und von allen Seiten die Frage nach dem Warum. Auch unser junger, Gott vertrauender Mensch fragt nach dem Warum, kommt aber nach einiger Zeit zu der Erkenntnis, dass die Frage nicht "Warum"? heissen sollte. Diese Frage lässt Zweifel aufkommen und zieht weg von Gott und seinem Trost. Die eigentliche Frage sollte sein: "Vertraue ich auch jetzt noch auf Gott? Glaube ich auch weiterhin an seinen Plan, auch wenn ich ihn nicht verstehe, er unergründlich für mich ist?"
Diese Frage ist wesentlich schwieriger zu stellen, hat unserem inzwischen Zurückgekehrten aber viel geholfen.
Es gäbe noch so viel mehr zu erzählen, aber das hat hier leider nicht alles Platz und so schliesst hier die Geschichte dieses jungen Mannes ...»
Adrian, Guatemala